Das Menschenrecht auf Nahrung (right to food), das in der UN-Sozialcharta von 1966 verankert wurde, ist definiert als „grundlegendes Recht eines jeden, vor Hunger geschützt zu sein.“ Doch bis heute gelingt dies nicht überall.

Die heutige globale Agrar- und Handelspolitik im Verbund mit der nicht demokratisch legitimierten Machtstellung großer, mulitnationaler Konzern in der Ernährungsindustrie, untergräbt massiv die Möglichkeit vor allem der Länder des Globalen Südens, die einheimische Bevölkerung selbstbestimmt zu ernähren.

Ernährung demokratisieren

Erschwert wird die Ernährungssituation in diesen Ländern oft auch durch die Ignoranz und das Versagen der eigenen politischen Eliten, die das Augenmerk der Versorgung nur auf die (Haupt-) Städte legen und die Landbevölkerung sich selbst überlassen.

Andere Landwirtschaft notwendig

Um die Ernährungssicherheit aller Menschen auch langfristig zu gewährleisten, braucht es zu allererst eine Landwirtschaft, die auf dem Recht aller Menschen und souveränen Staaten beruht, ihre eigene Agrar- und Ernährungspolitik auf demokratische Weise zu bestimmen – im Süden wie im Norden. Eine Landwirtschaft, die die Menschen, die Lebensmittel erzeugen, verteilen und konsumieren, ins Zentrum der Nahrungsmittelsysteme stellt, nicht die Interessen der Märkte, der transnationalen Konzerne oder politischen Eliten. Eine Landwirtschaft, die lokale und regionale Märkte stärkt, die recourenschonend und existenzsichernd agiert. Die einen für das jeweilige Land passenden Mix aus Selbstversorgung und Handel zu gerechten Bedingungen ermöglicht.

Einen solchen Ansatz einer global gerechten Landwirtschaft bietet das Konzept der Ernährungssouveränität, das 1996 bereits von La Via Campesina – einem weltweiten Bündnis von Kleinbäuerinnen und -bauern, Landarbeiter, Fischer, Landlosen und Indigenen aus über 80 Ländern – vorgestellt wurde. 

Das Konzept der Ernährungssouveränität gilt für alle Länder, nicht nur für die Länder des Globalen Süden. Auch im Globalen Norden hat sich agrarindustrielle Landwirtschaft und Ernährungsindustrie immer weiter von den Menschen entfernt. Aber es mehren sich die kritischen Stimmen.

Während in Deutschland Politik, Agrarindustrie und Bauernverband weiterhin auf Wachstum setzen und damit weitere soziale und ökologische Konflike in Kauf nehmen, mehren sich die kritischen Stimmen aus der Gesellschaft. Immer mehr Menschen kümmern sich um eine gesunde, nachhaltige Ernährung. Es wird wieder über die Bedeutung von Bauernhöfe auch für die Kulturlandschaft gestritten. Fragen nach der Anbaumethode, der Art der Tierhaltung, der Verarbeitung und der globalen Gerechtigkeit rücken in den Vordergrund bei der Kaufentscheidung vieler Konsument*innen. Dies führt auch dazu, dass die gesellschaftliche Akzeptanz für die agroindustrielle Landwirtschaft sinkt.

Auch wenn in Deutschland der Anteil des ökologischen Landbaus nicht einmal zehn Prozent an der gesamten landwirtschaftlichen Fläche beträgt, ist Deutschland mit 10 Mrd. € Umsatz im Jahr der größte Markt für Bio-Lebensmittel in der EU. Tendenz steigend. Auch Lebensmittel aus Fairem Handel, der den Erzeuger*innen unter anderem exitenzsichernde Einkommen ermöglicht, finden immer mehr Zuspruch.

Fairer und nachhaltiger Konsumieren

Aber die Konsument*innen wollen noch  mehr: sie wollen die Landwirtschaft oder zumindest einen Teil ihrer eigenen Ernährung wieder aktiv mitgestalten. Sie engagieren sich in Solidarischen Landwirtschaften, gründen lokale Ernährungsräte oder sogenannte foodsharing-Netzwerke, engagieren sich in Projekten des urban gardening oder gärtnern gemeinschaftlich auf Pachtgrundstücke.

Politische Netzwerke aus bäuerlichen Verbänden, Umwelt-,Natur- und Tierschutzgruppen sowie entwicklungspolitische Initiativen setzen sich für eine andere, eine bäuerlich-nachhaltige Landwirtschaft sowie für soziale Unternehmensverantwortung entlang der gesamten Lieferkette ihrer Produkte und deren Rohstoffe.

All dies ist ein Ausdruck des gewachsenem Bewusstsein für qualitativ hochwertige, tiergerechte sowie umwelt-, sozial- und klimaverträgliche Lebensmittel. Und es ist ein klares Bekenntnis für eine Landwirtschaft von morgen, die heute schon existiert: die (klein-)bäuerliche. Im Globalen Süden wie im Globalen Norden.

Landwirtschaft von morgenAngesichts der wachsenden Weltbevölkerung, der fortschreitenden Bodendegradation, eines begrenzten Angebots an nutzbarem Boden, knapper werdender Wasservorkommen und eines einzudämmenden Klimawandels - wie sollte eine Agrapolitik aussehen, die die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts meistert?

Auch wenn (Klein-)Bäuerinnen und Bauern immer wieder als „Auslaufmodell“ herabqualifiziert werden, sind sie es, die die Welt ernähren. Sicher, ihre Produktivität und Effizienz ist, gemessen an den kommenden Herausforderungen, oft noch unzureichend. Gesundheits- und umweltschädliche Praktiken und der Mangel an traditionellem wie auch modernem Wissen, tragen ebenfalls zur prekären Lage vieler Subsistenz- und Kleinbauernfamilien bei.

Potential der Kleinbetriebe erkennen und fördern

Ihr Potential aber gilt es zu nutzen: Landwirtschaftliche Kleinbetriebe mit hoher Diversifizierung kommen mit Dürre besser zurecht als die großindustrielle Landwirtschaft. Sie verbrauchen weniger vom knapp werdenden Gut W asser und könnten, entsprechend qualifiziert, ihre Erträge stärker steigern lassen. Mit verbesserten Anbaumethoden, einfachen Technologien, geeigneterem Saatgut und einem dem Standort angepassten Mix agrarökologischer Strategien. Dazu bedarf es jedoch eines enormen Innovations- und Investionsschub in bäuerliche Landwirtschaft statt in die agro-industrielle.

Ernährung souverän sichern

Ernährung im Wandel

 

Foto: Transfair e.V./Santiago Engelhardt